Seit der Mensch vor etwa 40.000 Jahren beschloss, mit Lehmstaub, gebrann-ter Holzkohle und Kreide Tiere auf Höhlenwänden abzubilden, hat Farbe immer einen besonderen Wert gehabt, sowohl symbolisch als auch technolo-gisch. Bis heute werden bestimmte Farben strategisch genutzt, selbst in der Kunstwelt und wie im Fall von Yves Kleins Blau oder Vantablack. Van-tablack ist eine neue Technologie, die die dunkelste bekannte Oberfläche schafft: Sie absorbiert bis zu 99,965 % des sichtbaren Lichts. Die Rechte zur Nutzung von Vantablack für künstlerische Zwecke wurden exklusiv an den britisch-indischen Künstler Anish Kapoor vergeben, was in Künstlerkreisen für große öffentliche Diskussionen gesorgt hat. Die Entdeckung neuer Pig-mente hat die Entwicklung der menschlichen Zivilisationen im Laufe der Ge-schichte geprägt, ganz gleich, ob sie das Ergebnis glücklicher Zufälle oder jahrelanger Forschung war.
Seit der Mensch vor etwa 40.000 Jahren beschloss, mit Lehmstaub, gebrann-ter Holzkohle und Kreide Tiere auf Höhlenwänden abzubilden, hat Farbe immer einen besonderen Wert gehabt, sowohl symbolisch als auch technolo-gisch. Bis heute werden bestimmte Farben strategisch genutzt, selbst in der Kunstwelt und wie im Fall von Yves Kleins Blau oder Vantablack. Van-tablack ist eine neue Technologie, die die dunkelste bekannte Oberfläche schafft: Sie absorbiert bis zu 99,965 % des sichtbaren Lichts. Die Rechte zur Nutzung von Vantablack für künstlerische Zwecke wurden exklusiv an den britisch-indischen Künstler Anish Kapoor vergeben, was in Künstlerkreisen für große öffentliche Diskussionen gesorgt hat. Die Entdeckung neuer Pig-mente hat die Entwicklung der menschlichen Zivilisationen im Laufe der Ge-schichte geprägt, ganz gleich, ob sie das Ergebnis glücklicher Zufälle oder jahrelanger Forschung war.
Natürliche Pigmente: Mit Rot fängt alles an
Nach unserem heutigen Wissen war roter Ocker das erste von Menschen genutzte Farbpigment. Dieses von Natur aus mit Hämatit gefärbte Tonpulver wird auch heute noch als Pigment verwendet. Es ist der erste von vielen Rottönen, die im Laufe der Zeit von Kulturen auf der ganzen Welt entdeckt wurden. Rote Pigmente werden auch seit Jahrtausenden aus Insekten gewonnen, speziell aus der großen Familie der Schildläuse (Coccoidea). Diese Arten von Rot werden als roter Färberlack („Lac Dye“) bezeichnet. Der Name kommt von der Verwendung von Gummilack, einem harzigen Ausscheidungsprodukt der Lackschildlaus (Kerria lacca), der in Indien erzeugt und als Pigment verwendet wird. Im Gegensatz zu ihren indischen Vettern, die den Prozess überleben, werden andere Schildläuse in vielen Teilen der Welt zur Herstellung roter Pigmente gepresst. In Südamerika entstand daraus das Karminrot, in Europa der Kermes (unechtes Karmin), der bis ins 17. Jahrhundert häufig verwendet wurde. Diese natürlichen Pigmente werden auch heute noch verwendet und sind so harmlos, dass sie sogar als E120 in Lebensmitteln zu finden sind. Ein weiterer natürlicher Ursprung von Pigmenten findet sich in Pflanzen, wie bei der Farbe Indigo, die erstmals in Peru in Funden aus 6000 v. Chr. nachgewiesen wurde. Allerdings haben die meisten „natürlichen“ Pigmente paradoxerweise eine lange Geschichte als Giftstoffe.
Das wahrscheinlich am weitesten verbreitete Zinnoberrot wurde aus Zinnober, einem aus Quecksilber gewonnenen Mineral, gewonnen. Die Verwendung von Zinnober geht bis auf 5000 v. Chr. in China, Spanien und der Türkei zurück. Später wurde er auch von den Olmeken, Mayas und Römern genutzt. Bleirot ist ebenfalls mineralischen Ursprungs und wurde im antiken Griechenland und später von den Römern verwendet. Das rote Pigment, auch Minium genannt, entstand durch Verbrennen von Bleiweißstücken. Es wurde im Mittelalter zur Verzierung von Büchern verwendet und gab der Kunst der Miniaturmalerei ihren Namen. Es ist wohl selbstverständlich, dass aus Blei und Quecksilber gewonnene Pigmente stark toxisch sind. Ein weiteres Beispiel ist das aus Arsen hergestellte Operment (auch Orpiment oder Auripigment), das im alten Ägypten als Alternative zum gelben Ocker verwendet wurde.
Die Geschichte der Farbe fordert unsere Einteilung in „natürlich“ und „nicht natürlich“ heraus. Es ist interessant zu sehen, wie das Experimentieren seit Jahrtausenden weitergeht, und das oftmals auf seltsame Art und Weise. Der britische Maler William Turner verwendete eine Farbe auf Wasserbasis namens Indischgelb (Indian Yellow), die aus dem Urin von mit Mangos gefütterten Kühen hergestellt wurde. Es ist auch faszinierend, wie bestimmte Farben aufgrund ihres schwierigen Herstellungsprozesses bald zu einem Zeichen der Macht wurden. Wir denken sofort an Ultramarinblau, das aus dem Schleifen von Lapislazuli gewonnen wird und in Auftragsgemälden der Renaissance als Zeichen des Reichtums verwendet wurde.
Ein weiteres Beispiel ist das Tyrische Purpur, eine Farbe, die vom griechischen und römischen Adel wegen ihrer Seltenheit verwendet wurde. Die Farbe Purpur wurde von Hand aus Meeresschnecken gewonnen, wobei zehntausend Schnecken etwas mehr als ein Gramm reinen Farbstoff lieferten.
Synthetische Pigmente: Die chemische Revolution
Entgegen landläufigem Glauben sind synthetische Pigmente kein modernes Konzept. Ägyptisch Blau, das nach einer heute verschwundenen Rezeptur hergestellt wurde, ist bereits aus dem Jahr 3250 v. Chr. bekannt. Die Chinesen verwenden seit Jahrtausenden die Oxidation, um Farben in Porzellan zu erzeugen. Doch mit der Erfindung des Preußischblaus um 1706 durch den Farbenfabrikanten Diesbach, erlebte die Herstellung synthetischer Pigmente einen neuen Aufschwung.
Die Forschung hat manchmal zu gefährlichen Ergebnissen geführt, wie z. B. Scheeles Grün, ein mit Arsen vermischtes Pigment, das im 19. Jahrhundert weit verbreitet war. Es soll Napoleon Bonaparte vergiftet haben soll, dessen Haus im Exil mit Tapeten dieser giftigen Farbe dekoriert war. Pariser Grün, das ebenfalls aus Kupfer und Arsen besteht, soll Cézannes Diabetes und Monnets Erblindung verursacht haben. Synthetische Pigmente haben jedoch oft und gerne „natürliche“ Farben ersetzt.
Zinkweiß ist eines davon. Vor der Entwicklung von Zinkoxid war Bleiweiß bei Künstlern weit verbreitet. Synthetische Pigmente waren manchmal weniger giftig und immer billiger. Sie erlaubten den Künstlern zu experimentieren, wie bei der Erschaffung von Chromgelb in den 1820er Jahren oder vom französischen Ultramarin von Jean-Baptiste Guimet im Jahr 1828. Diese neue Farbe ist farblich identisch mit dem Ultramarinpigment auf Lapislazuli-Basis und war sowohl viel leichter zugänglich als auch einfacher zu verwenden.
Die eigentliche chemische Farbrevolution kam aber erst später, mit Alizarin, das als erste Farbe vollsynthetisiert wurde. Während Alzarin ursprünglich aus Färberkrapp gewonnen wurde, fanden zwei Chemiker des 19. Jahrhunderts, Carl Graebe und Carl Liebermann, einen Weg, das für seine Farbe verantwortliche Molekül zu reproduzieren. Die beiden Chemiker arbeiteten bei einer damals noch kleinen deutschen Firma namens Bayer. Mit ihrer Entdeckung ebneten sie den Weg zu der breiten Palette an Farben, die heute alltäglich geworden sind.
Während sich ein neuer Trend hin zu natürlichen Pigmenten entwickelt, stellt die Geschichte der Pigmente unsere Auffassung von Natürlichkeit in gewisser Weise in Frage – besonders wenn wir erkennen, dass Chemie und Wissenschaft häufig praktikablere und sicherere Lösungen angeboten haben als das, was der Mensch in der Natur fand. Dies sollten wir im Auge zu behalten, damit Pigmente heute das Beste aus beiden Welten vereinen können.