Neuigkeiten, Neuigkeiten & Events

The A-Paper Teil 3

06 Okt 2021 —
Drucken
Apaper3-main-MI2.jpg

In Fortsetzung der Partnerschaft von The Brand Identity mit Antalis Creative Power untersucht das A Paper die oft vernachlässigten und unterbewerteten Themen innerhalb der zeitgenössischen Grafikdesign-Szene. Im dritten Teil blicken wir in Richtung Verlagswesen und sprechen mit Counter-Print, magCulture und Draw Down darüber, was die Zukunft für die Branche bereithält und welche Publikationen den Weg weisen.

In Fortsetzung der Partnerschaft von The Brand Identity mit Antalis Creative Power untersucht das A Paper die oft vernachlässigten und unterbewerteten Themen innerhalb der zeitgenössischen Grafikdesign-Szene. Im dritten Teil blicken wir in Richtung Verlagswesen und sprechen mit Counter-Print, magCulture und Draw Down darüber, was die Zukunft für die Branche bereithält und welche Publikationen den Weg weisen.

Counter-Print 

Die unabhängige Online-Buchhandlung Counter-Print mit Sitz in Großbritannien wurde 2008 von Céline Leterme und Jon Dowling gegründet und hat sich einen Ruf als Verleger der besten Kunst- und Designbücher erworben. Die beiden Firmengründer haben seit über einem Jahrzehnt mit den aufregendsten und zukunftsweisendsten Produkten der Verlagsbranche zu tun. Wir wollten von ihnen wissen, wo die Branche heute steht, welchen Weg sie dorthin genommen hat, und wohin sie sich weiterentwickeln könnte.

„Als E-Books anfangs mit gedruckten Büchern in Konkurrenz traten, dachte man, dass Bücher aus Papier ihre Popularität behalten würden, solange sie schöne Besitztümer darstellen“, erzählt Dowling. Die Zukunft schien voll von ausgefallenen Veredelungen, limitierten Auflagen und Couchtisch-Kunstbüchern zu sein – dies war jedoch am Ende nicht der Fall. „Zu unserer Überraschung haben wir einen echten Trend in die entgegengesetzte Richtung festgestellt“, erklärt Dowling. Er verweist auf die zunehmende Beliebtheit von ausführlichen Designschriften und „insbesondere auf Bücher mit Karriereratschlägen bei unserem Publikum.“

Do-purpose-MI2.jpg

Do Purpose – eines von über 30 Büchern der Serie von Miranda West

Der Anstieg von Introspektion und Gemeinschaftswissen beruht möglicherweise auf Ambivalenz, Befürchtungen und Ängsten, die mit der zunehmend digitalen und ständig aktiven Kultur des 21. Jahrhunderts koexistieren. Zusammen mit der anhaltenden Pandemie, also unseren global, lokal und persönlich unsicheren Zeiten, hat dies sicherlich zu einer systematischen Anziehungskraft beigetragen, wie Dowling es beschreibt. „Ich denke, die Leser suchen in sehr unsicheren Zeiten nach Sicherheit – nach jemandem oder etwas, das ihnen hilft, mit einem Gefühl der Zielstrebigkeit durch das Leben zu navigieren. Ein solches Gefühl der Sicherheit empfindet man, wenn man Ratschläge in einem gedruckten Buch erhält.“

Dowling erklärt weiter: „Bücher mit Karriereratschlägen wie ‚F*ck Being Humble‘ oder ‚Don‘t Get a Job, Make a Job‘ stehen, zumindest was die Verkaufszahlen angeht, heute an erster Stelle. Sie haben den ‚Design-Klassikern‘ mit ihrem sehr visuellen Angebot den Rang abgelaufen.“ Die Buchreihen ‚The School of Life‘ – speziell ‚The Emotionally Intelligent Office‘ – und ‚Do Book Co.‘ werden nicht nur als bemerkenswert, sondern auch als führende Treiber dieses Wandels beschrieben. Auch die Klarheit scheint diesen beiden Buchreihen gemein zu sein, sei es Klarheit im Design oder Klarheit in ihrem Zweck.

„The School of Life mochte das Gefühl des Schweizer Grafikdesigns der 1960er Jahre, also entwickelte ich einige Ideen, die sich viel moderner und spärlicher anfühlten“, erzählt Marcia Mihotich, die Designerin hinter The Emotionally Intelligent Office, und erinnert sich an ihren kontextbezogenen Ansatz beim Buchdesign. „Ich fange oft mit Überlegungen dazu an, wie sich dieses eine Buch abheben kann und schaue, was vergleichbare Wettbewerber tun und was nicht. Ich versuche, das Thema und seine Bedeutung in der Wahl des Schriftbildes und des Layouts zum Ausdruck zu bringen“, verrät Mihotich und weist auf die Bedeutung der Haptik eines Buches hin. „Genau das gibt ihm Bedeutung.“

In ähnlicher Weise erklärt Miranda West, die Gründerin von ‚The Do Book Co.‘, dass „so ziemlich unser gesamtes Marketingbudget in das Aussehen und die Haptik der Bücher fließt“. Die zusätzlichen Kosten erklärt sie als ehrliche Investition, welche die Bedeutung der Gestaltung eines Buchs über den Einband hinaus hervorhebt. „Wir veröffentlichen immergrüne Inhalte, also wollen wir, dass die Bücher im Laufe der Zeit gelesen und wieder gelesen werden“, fügt West hinzu und zeigt damit, wie wichtig das Schreiben ist – und Klarheit in der Arbeit. Man braucht eine eindeutige Identität und Richtung von Anfang an.

„Das Ziel war es, eine Markenserie inspirierender Taschenführer zu veröffentlichen, und da die Bücher physisch klein sind, wussten wir, dass das Design Aufmerksamkeit hervorrufen musste.“ Infolgedessen beauftragte West den Designer James Victore mit der Gestaltung der ersten fünf Bücher der Serie, um damit die grafische und physische Aufmachung der Serie festzulegen. „Die Entwürfe, die er uns schickte, waren völlig unerwartet. Die strengen weißen Einbände, die scheinbar naiven Kunstwerke und die elegante Typografie schufen eine kühne, ikonische Kollektion, die in einer Buchhandlung buchstäblich heraussticht.“

 

TEIO-MI2.jpgDie ‚for Business‘-Serie von School of Life, entworfen von Marcia Mihotich

Draw Down

Jenseits des großen Teichs in den Vereinigten Staaten ist Draw Down ein unabhängiger Verlag und Verkäufer für Bücher aus den Bereichen Bildung, Grafikdesign, Typografie, Illustration, Fotografie, Kunst und Architektur. Da Draw Down selbst Bücher in kleinen Auflagen verlegt, hat der Verlag eine unübertroffene Erfahrung mit Künstler- und Designerbüchern, aber auch mit ihren kommerzielleren Gegenstücken. „Bei Draw Down laufen gerade die Titel besonders gut, welche die Entwicklung des Verlagswesens zeigen – zumindest für den Designbereich“, erklärt Kathleen Sleboda, Mitbegründerin von Draw Down. „Sie sind Orientierungspunkte, die auf zukünftige Trends hinweisen, und sie zeigen auch längerfristige Trends, die wir als Buchhändler beobachtet haben, vor allem in Bezug auf den spezifischen Inhalt, die Preisgestaltung und das Design. Bei jedem einzelnen Titel ist eine ganze Matrix von Eigenschaften im Spiel.“

 

New-Aesthetic-2-MI2.jpgSorry Press, Neue Ästhetik 2, von Leonhard Laupichler und Sophia Brinkgerd

Sleboda hält die Regeln des Grafikdesigns für richtungsweisend für die Zukunft des Verlagswesens, weil sie langlebig sind und wahrscheinlich auf Dauer nachgefragt werden. Sie haben ein Doppelleben: als einmal gelesenes Buch und als zukünftiges Nachschlagewerk, was sie natürlich auch kostengünstiger macht. „Wenn Bücher bei Menschen auf eine gewisse Weise den Ehrgeiz wecken, oder ihnen Fähigkeiten, technisches Fachkenntnisse oder theoretisches Wissen bieten, werden sie weiterhin die Hauptstützen des Design-Publishing bleiben.“ Sleboda glaubt, dass die Zukunft des Verlagswesens wohl eher die Inhalte sein werden, die den Kern der Branche ausmachen, als die Bücher, die sie in eine andere Richtung zu drängen versuchen.

Sleboda verweist auch auf New Aesthetic 2, eine kuratierte Anthologie der Schriften und Schriftdesigner mit einer Vorreiterrolle in der Typografie. „Ein Buch wie New Aesthetic 2 ist sicherlich eine Augenweide – glatt, glänzend, neongrün, haptisch. Aber der Inhalt ist reich an Informationen, auf die man immer wieder zurückgreifen kann, und die typografischen Experimente dienen als visuelle Inspiration“, erläutert Sleboda. Um sich nicht nur als Vorbild für zeitgenössisches Design zu profilieren, sondern auch als dessen Vermittler, betrachtet Sleboda Anthologien von Arbeiten „auch als die Art von gedruckten Designbüchern, die eine brauchbare Ressource bleiben, nachdem man sie gekauft und einmal durchgeblättert hat.“

 

New-Aesthetic-3-MI2.jpgMorgane VanTorres Schriftart Arthemys innerhalb von New Aesthetic 2

Im Gespräch mit den Machern und Designern von New Aesthetic 2, Leonhard Laupichler und Sophia Brinkgerd, erklären diese: „Unsere Vision war es, eine Sammlung von typografischen Kunstwerken und Schriften zu schaffen, als eine Art Zeitkapsel, die nicht nur auf einem Couchtisch oder als Sammlerstück gut aussieht, sondern auch dazu einlädt, sie jederzeit wieder anzuschauen und durchzublättern.“ Auf die Frage, ob das Streben nach Originalität ein vorrangiger Gedanke bei der Gestaltung und Herstellung des Buchs war, merkt das dynamische Duo an: „Eine unserer Hauptüberzeugungen ist, dass Typografie die Macht hat, durch Form und Design für sich selbst zu sprechen.“ In diesem Sinne verstehen sie das spielerische Erforschen von Design und das „Ausreizen der Grenzen der visuellen Kommunikation“ durch das Medium der experimentellen typografischen Gestaltung vollkommen. „Unsere Art und Weise, dies in die Gestaltung des Buchs zu übertragen, war, dass wir eine Bühne, einen Ausstellungsrahmen für die von uns kuratierten Schriften schaffen wollten. Das Buch spricht gleichermaßen durch seine lebendige Farbgebung und sein minimalistisches Layout“, erklären die beiden. Sie unterstreichen damit nicht nur die Relevanz der Arbeit jedes Schriftdesigners, sondern auch ihren künstlerischen Wert und ihre kulturelle Bedeutung.

 

Mac-Guffin-MI2.jpgDas MacGuffin-Magazin von Kirsten Algera und Ernst van der Hoeven

magCulture

Im Jahr 2006 wurde magCulture als Blog ins Leben gerufen und ist heute Zeitschriftenladen, Veranstaltungsproduzent und Online-Ressource zugleich. Das Unternehmen zelebriert redaktionelle Kreativität und stürzt sich kopfüber in die neuesten und besten Angebote im unabhängigen Verlagswesen sowie die Selbstdarstellung durch gedruckte Mittel.

Jeremy Leslie, Gründer von magCulture, wirft einen Blick auf die Zukunft des Verlagswesens und nennt Buffalo Zine – das halbjährlich erscheinende Modemagazin – als Paradebeispiel für serielle Publikationen. „Es wechselt mit jeder Ausgabe Format und Thema“, erklärt er. „Es schwelgt in der Freude am Druck und produziert Modeberichterstattung auf höchstem Niveau. Zugleich nimmt es die ganze Szene auf die Schippe und zeigt dabei nicht nur die Selbstwahrnehmung der Branche sondern auch die eigene Selbstwahrnehmung innerhalb der Branche. Und dadurch fühlt es sich echt an“, fügt Leslie hinzu. Dies deutet ein wenig auf die Flexibilität oder sogar totale Lässigkeit des Verlagswesens der Zukunft hin. Dabei haben Publikationen und Bücher die Freiheit oder sogar die Erwartung, sich ständig zu verändern und den Fokus zu verlagern – im Gegensatz zur Beständigkeit von The Do Book Co. oder The School of Life.

Ein weiterer Mitbewerber um die Zukunft des Verlagswesens ist Real Review, eine von Jack Self erdachte Magazinserie. „Jede Ausgabe ist eine brillante Auswahl an Texten rund um das Thema ‚Was es heißt, heute zu leben‘ – geschrieben, gedruckt und präsentiert in einer Art und Weise, die ebenso eindrucksvoll wie zugänglich ist“, erklärt Leslie. Obwohl die Vermutung nahe liegt, dass Real Review durch seine leichte Zugänglichkeit an der Speerspitze des Verlagswesens steht, könnte man das Gegenteil für das Magazin MacGuffin sagen. „Der Aufstieg des Nischenmagazins!“, ruft er und zeigt sich begeistert von dem niederländischen Magazin, das sich in jeder Ausgabe mit einem bestimmten Alltagsgegenstand auseinandersetzt – von der Hose über die Schublade bis hin zum Ball und dem Waschbecken.

„Als wir die Idee eines Themenmagazins über das Leben eines einzelnen Objekts vorstellten, hielten uns alle für verrückt“, erklären die MacGuffin-Chefredakteure Ernst van der Hoeven und Kirsten Algeraand, denen stattdessen geraten wurde, das Projekt online zu stellen oder eine Ausstellung zu kuratieren. „Im Jahr 2015 wurden Druckerzeugnisse für tot erklärt. Warum dann all diese Bäume opfern?“ Angetrieben von der Herausforderung, etwas umfassend Erforschtes, Taktisches und Langlebiges zu schaffen, machten sie jedoch weiter. „Lustigerweise unterscheidet sich unsere Arbeitsweise letztlich nicht sehr vom Kuratieren einer Ausstellung, aber das Gute an einem Magazin ist, dass es mobil ist und ein großes Publikum erreichen kann“, stellen sie fest.

Als Verfechter von Autonomie und Experimenten bei Druckerzeugnissen hält die Gestaltung von MacGuffin die perfekte Balance zwischen grafischer Exzentrik und typografischer Meisterschaft – bewusst furchtlos in der Umsetzung von Ideen und unglaublich bewusst in ihrem Handeln. „Unser redaktionelles Modell ist ziemlich kaleidoskopisch. Wir sehen die Welt gerne durch die Linse des Objekts mit so vielen Disziplinen und Perspektiven wie möglich“, erklärt das Duo. Und das manifestiert sich in einem spannenden, abenteuerlichen und unglaublich fesselnden Leseerlebnis.

 

——

 

Weitere Artikel und Erkundungen zum Thema Kreativität finden Sie hier:

instagram.com/antalis_deutschland

linkedin.com/company/antalis-creative-power